Road to 24h Nürburgring

Text im original erschinen auf Classic Driver.

 

Sollten Sie an diesem Wochenende auf der Autobahn auf dem Weg zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring sein und einen Donnerschlag von hinten hören, gefolgt vom Anblick dreier der wildesten modifizierten Mercedes-Benz, die jemals Gummi verbrannt haben, dann haben Sie keine Angst. 

Denn Sie erliegen nicht aus Schlafmangel einer Halluzination, sondern werden gerade von den Jubiläums-Road-Trippern von Mechatronik lautstark überfallen.

In diesem Jahr ist es ein Vierteljahrhundert her, dass der begabte Ingenieur Frank Rickert den heute berühmten Mercedes-Benz-Spezialbetrieb gründete. Schon als Junge hatte er sich für alles Mechanische begeistert, schraubte mit 15 Jahren ein Kreidler-Motorrad aus in Plastiktüten ausrangierten Teilen zusammen und absolvierte dann eine Lehre bei AMG. 

Noch während seines Studiums zum Diplom-Ingenieur gründete Rickert 1997 im baden-württembergischen Großbottwar die Mechatronik als Drei-Mann-Werkstatt. Den er in der Folge zu einem weltweit führenden Unternehmen für den Verkauf und die Restaurierung von Mercedes-Benz Klassikern ausbaute.

Das mittlerweile seit 20 Jahren nördlich von Stuttgart in Pleidelsheim ansässige Powerhaus beschäftigt heute über 40 Mitarbeiter in einer hochmodernen, 6.000 Quadratmeter großen Werkstatt. Aufgeteilt in einzelne Bereiche für Motorenbau, Karosserie-Renovierung, Innenausbau und Elektrikarbeiten.

Bekannt geworden ist Mechatronik vor allem durch seine spektakulären New-Tech-Restomods auf Basis des W113 (der zum M-SL wurde) und des großen W111 (M-Coupé und M-Cabrio), welche die Schwaben seit mehr als 20 Jahren manufakturieren.

Mechatronik nimmt die Originale bis auf die „blanken Knochen“ auseinander, um sie dann wieder Stück für Stück liebevoll aufzubauen. Bestückt mit mächtigen, modernen AMG-Motoren, die bis zu 360 PS leisten, einem hochwertigen Interieur, standfesteren Bremsen und Fahrwerken, sowie modernen Sicherheitssystemen. 

Zusammen mit einer breiten Palette an Lack- und Ausstattungsoptionen entsteht ein Auto, das äußerlich genauso aussieht wie damals (oder vielmehr: besser als damals), als es bei Mercedes-Benz vom Band lief. Aber so rasant beschleunigt, so gut bremst und sich so famos bewegen lässt, wie jeder andere vergleichbare Wagen des 21. Jahrhunderts. 

Während sich Mechatronik bisher vor allem auf die Entwicklung von Fahrzeugen für den mühelosen und komfortablen Alltagsgebrauch konzentriert hat, stellt das Unternehmen nun sein erstes echtes Hochleistungsmodell in Form des „Project 107“ vor, einen straßenzugelassenen Renntourenwagen auf Basis des 107 SLC. Auf unseren Bildern ist ein solcher Bolide, noch leicht getarnt, im alten Fahrerlager des Nürburgrings zu sehen.  

Regelmäßige Classic Driver-Leser werden sich daran erinnern, dass wir Ende letzten Jahres bei einem Besuch im Mechatronik-Hauptquartier von diesem Projekt erfuhren - seither hat es sich zügig weiterentwickelt und soll noch vor dem kommenden Herbst fertiggestellt werden.

Um diese neue High-performance-Linie von Mechatronik zu promoten, sprich die Werbetrommel zu rühren, kam Vertriebsleiter Pascal Stephan die Idee, mit drei außergewöhnlichen Mechatronik-Monstern eine Pilgerfahrt in die Eifel zu unternehmen. Wo bekanntlich am letztn Mai Wochenende das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring lief.

Projekt 107 hat sich als das anspruchsvollste Auto erwiesen, das wir in der Geschichte des Unternehmens entwickelt haben. Und die Tatsache, dass wir viel Zeit mit Tests auf der Nürburgring-Nordschleife verbracht haben, hat uns dazu inspiriert, unser Engagement für den historischen Motorsport zu zeigen. In Gestalt von drei ganz besonderen Hochleistungsautos, die wir im Rahmen des 24-Stunden-Rennens auf die Strecke bringen“, so Stephan vor Antritt der 230 Kilometer langen Fahrt gegenüber Classic Driver. Und wenn er „ganz besonders“ sagt, dann meint er das auch so. 

Das erste und vielleicht spektakulärste Auto ist der AMG 450SLC „Mampe“, der auch als Inspiration für das Projekt 107 diente. Er befindet sich heute im Besitz von Mechatronik, basiert auf einem 450SLC aus dem Jahr 1978, der von einem 4,5-Liter-V8-Rennmotor von AMG mit 375 PS Leistung bei 6.550 U/min angetrieben wird. Geschaltet wurde, das Reglement für die Gruppe 2 wollte es so, mit der archaischen, weil serienmäßigen Dreistufen-Wandlerautomatik.

Der „Mampe“ wurde erstmals 1978 von Hans Heyer und Clemens Schickentanz für AMG in der Tourenwagen-Europameisterschaft gefahren (er war aufgrund seiner „Zwei-plus-Zwei“-Bestuhlung teilnahmeberechtigt). Auch in Le Mans wollte AMG starten. Weil das Auto im Grunde in keine Klasse passte, nannte ihn AMG-Chef Hans-Werner Aufrecht in der Gruppe 5. Doch reichte die beste Rundenzeit trotz eines Vierliter-Experimentalmotors und eines nur hier eingesetzten (und erlaubten) Fünfgang-Schaltgetriebes nicht zur Qualifikation. 

Als Hauptsponsor trat der Berliner Spirituosenhersteller Mampe auf, der auf dem silbernen Dickschiff für den „Lufthansa-Cocktail“ warb. Den hatte die die nationale deutsche Airline zunächst exklusiv in ihrer 1. Klasse serviert, ehe der Cocktail Anfang der 1960er Jahre in Flaschen abgefüllt dann auch im freien Handel zu kaufen war.

Trotz seiner gewaltigen Leistung und des im Vergleich zu einem BMW CSL unverschämt muskulösen Aussehens konnte der Mampe in den drei Jahren, in denen AMG ihn einsetzte, nur einen einzigen Sieg erringen. Passend zum Roadtrip an diesem Wochenende 1980 beim 6-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, gesteuert von Schickentanz und seinem neuen Partner Jörg Denzel.

Das zweite Auto im Konvoi ist ein Mercedes 190E „EVO II“, ein fabelhaftes Exemplar der inzwischen sehr gefragten Superlimousine mit den gigantischen Heckspoiler und den markanten Kotflügelausbuchtungen. Der EVO II kam erstmals 1990 auf die Rennpisten, 1992 holte Mercedes mit ihm die ersten drei Plätze in der DTM, mit Klaus Ludwig als Meister. Auch dank des hochdrehenden 2,5-Liter-16-Ventil-Motors, der with a little help from Cosworth 235 PS leistete.

Als einer von 500 produzierten „blauschwarzen“ Wagen (es gab noch zwei weitere in Astralsilber) ist das Mechatronik-Modell ein echter DTM-Rennwagen für die Straße, komplett mit Sperrdifferential, Getrag-„Dogleg“-Getriebe (1. Gang in einer Schaltebene mit dem R-Gang, riesigen Bremsen, strafferer Aufhängung und einer wesentlich breiteren Spur als am Serien-190E 2.5-16.

Das dritte Mechatronik Auto für den epischen Roadtrip gen Eifel ist zweifellos das legendärste: Der einzigartige Nachbau der „Roten Sau“ - jenes unmöglichen Tourenwagens mit 1,5 Tonnen Gewicht, der den Erfolg der Tuningfirma AMG begründete. Dank des sensationellen zweiten Platzes beim 24-Stunden-Rennen von Spa 1971 mit dem später auch wieder im Mampe zusammengespannten Duo Heyer/Schickentanz. 

Da das Original nach seiner kurzen Rennkarriere an den französischen Rüstungskonzern Matra verkauft und dort nach Tests für Kampfjet-Komponenten verschrottet wurde, entstand auf Basis eines 300 SEL 6.3 Baujahr 1969 ein authentischer Nachbau - der inzwischen fast noch berühmter ist als die erste Rote Sau. Weil es sich um das Fahrzeug handelt, das eingescannt wurde, um es für das Videospiel Gran Turismo 7 zu erstellen, ebenso wie der 190E EVO II. Sogar der originale Motorsound wurde für die Spielekonsole aufgenommen.

 

Die Gäste des Mechatronik-Teams können an diesem Wochenende beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring erleben, wie es sich anfühlt, mit der Roten Sau zu fahren - in einem sicheren GT7-Simulator.

Der dicke 300 SEL und die beiden anderen Autos werden vor dem 24-Stunden-Rennen auch einige Runden über die Strecke drehen. Es verspricht ein wildes Wochenende zu werden - und um herauszufinden, wie es gelaufen ist, schauen Sie in ein paar Tagen wieder hier vorbei!

 

 

Text: Simon de Burton für Classic Driver 

Original Text auf Classic Driver

Fotos: Keno Zache